Erfolgreiches Lehren und Lernen

Montag, 13. Februar 2006

And now the end ...

... is near - na, ja eigentlich ist es, was diese Veranstaltung angeht, ja schon erreicht, vielleicht ist das eine gute Gelegenheit für einen Rückblick auch mal auf das begleitende Arbeiten mit einem Weblog.

Was ist mir aufgefallen?

1. Als Internet-Fan war ich zunächst mal natürlich über jeden weiteren Vorwand dankbar, mich dort herumzutreiben. :-)
2. Man bekommt interesante Einblicke in die themenbezogenen Gedanken von viel mehr KommilitonenInnen, als das normalerweise möglich wäre.
3. Der sanfte Druck, wochenweise schreiben zu müssen, verhilft Leuten wie mir dazu, nicht alles auf den letzten Drücker und geballt am Semesterende erledigen zu müssen. Allerdings mag ich das Gefühl, die ganze Zeit gemonitort zu werden, überhaupt nicht, schon gar nicht, wenn seitens der Beobachter Stille herrscht.
4. Das Bewusstsein, dass möglicherweise viele andere das Geschriebene lesen, lässt einen sorgfältiger formulieren.
5. Wenn man - wie ich in Julia - jemanden als Kommunikationspartner hat, auf den man sich verlassen kann und mit dem der Gedankenaustausch ergiebig ist, dann macht das
Ganze echt Spaß.
6. So ohne jedes Feedback seitens der Seminarleitung ist es allerdings unter dem Aspekt des Studierens auf die Dauer etwas unbefriedigend, sich ausschliesslich in Dialogen mit KommilitonenInnen zu ergehen, man wünscht sich irgendwann direkt ein bisschen Kritik.

Zusammenfassend gesagt - Weblog-Arbeiten macht richtig Spaß, bringt neue Erkenntnisse und ist eine gute, allerdings noch ausbaufähige Sache!

Mittwoch, 8. Februar 2006

Vom Elfenbeinturm der Erkenntnis in die Niederungen ...

.. des Alltags eines Lehrenden - dieses Bild ließ mich in der heutigen letzten Veranstaltung des Semesters zum Thema "Erfolgreiches Lerenn und Lehren" einfach nicht los. Zeitdruck auf der einen und der bevorstehenden Klausuren wegen latent desinteressierte Schüler - sorry, ich meine natürlich Studenten! - auf der anderen Seite, ließen nämlich diese letzte Veranstaltung zu einem Musterbeispiel für - sie ahnen es sicherlich bereits - Frontalunterricht werden. Irgendwie hat es mich dann doch ungemein beruhigt, dass es Situationen geben zu scheint, in denen auch der Wohlmeinendste sich genötigt sieht, dazu zu greifen.

Natürlich - die grundlegene und wichtige Erkenntnis bleibt unbestritten, dass die Technik des Frontalunterrichts grundsätzlich nur äusserst sparsam, d. h. nur in Situationen, in denen echte Sachzwänge unüberwindbar sind, eingesetzt werden sollte, dies wird u. a. bereits von der ältesten und gleichwohl nach wie vor erfolgreichsten Erkenntnis der Pädagogik untermauert. Sinngemäß soll sie bereits Sokrates, sicherlich das Ideal eines erfolgreichen Pädagogen, wie folgt formuliert haben:
"Je weniger ein Lehrer im Unterricht tun muss, um so erfolgreicher ist er."
Klingt ja nicht schlecht, also schauen wir doch mal, wie Bildung bei uns verläuft! Nehmen wir alos mal an, wir wollten eine ganz bestimmte Information vermitteln, z. B. die Frage beantworten "Was ist ein Quadrat?"

Ist ja ganz einfach und als Praktikanten oder LiA kennen wir das ja zur Genüge - man überlegt detailliert und genau geplant, mittels welcher Methodik man eine bestimmte Information vermitteln wil, hangelt sich dan im Unterricht an diesem Plan entlang, bestimmt genau das Geschehen und ist am Ende möglicherweise fix und fertig, bzw. dies sogar garantiert, wenn es sich um eine Lehrprobe handelte. Und die SchülerInnen? Die sind froh, wenn es klingelt, schliesslich ist nichts nerviger als ein gestresster Lehrer und langweilig war's auch wieder. Und? - passt das zu des alten Sokrates Ansatz? Ich glaube nicht!

Na, ja, um die Planung kommen wir wohl nicht herum, aber warum planen wir nicht so, dass wir als Ergebnis möglichst wenig selbst tun müssen? Und um zur Eingangsfrage - der mit dem Quadrat - zurückzukommen, warum lassen wir die SchülerInnen nicht selbst herausfinden, was das ist? Geben wir ihnen and der Tafel doch einfach ein paar Formen, die wir sich zum Quadrat entwickeln lassen, zum Spielen und lassen sie dann mal machen.

Es dauert nicht lange und sie werden anfangen zu experimentieren, die Quadrate zu kombinieren oder durch Diagonalen zu verfremden usw. und schon haben ihre Gehirne nicht nur gelernt, was ein Quadrat ist, sondern auch, was man damit alles anstellen kann. Und wir? Wir hatten solange frei!

An anderer Stelle hatten wir die Stufen des Lernens schon besprochen
  • wahrnehmen
  • betrachten
  • beobachten
  • begreifen
und dabei kommen offensichtlich nur die Lernenen, nicht aber die Lehrer vor. Also ist es unsere Aufgabe, den Schülern das eigene Bewältigen dieser Stufen zu ermöglichen, nicht aber, sie quasi gewaltsam darüber hinwegzuscheuchen.

Ich hatte damit begonnen, dass es mich ungemein beruhigt hat, zu sehen, dass Frontalunterrricht manchmal unumgänglich ist. Nicht erwähnt aber habe ich, und das möchte ich hiermit nachholen, dass ich das schade und die heutige Veranstaltung zumindestens gemessen am Standard ihrer Vorgänger vergleichsweise anstrengend fand.

Es bleibt mir vor dem Hintergrund diese Erfahrung als Erkenntnis:
Es geht wohl nicht immer ganz ohne - aber mögen tue ich ihn überhaupt nicht mehr, den Frontluntericht!

Na, ja, und dass es andere, bessere Formen gibt - das haben wir ja jetzt gehört!

Mittwoch, 1. Februar 2006

Der graue Alltag

Irgendwie ist es doch immer wieder faszinierend, wenn Realität und Traumvorstellung aufeinanderprallen. Wie ich da gerade jetzt drauf komme? Na, das ist ganz einfach!

In den letzten beiden Wochen habe ich im Rahmen meiner berufsbildungspraktischen Studien zwei Wochen an einer beruflichen Schule unterrrichtet und zwar Englisch und Elektrotechnik. Ich hatte bisher vorwiegend Englisch am Fachgymnasium unterrichtet, nun aber hatte ich Berufsfachschulklassen, also Schüler und Schülerinnen, die die Mittlere Reife nachmachen und, klassenabhängig, auch noch eine Berufsvorbereitung bzw. -ausbildung erfahren. Die Klientel ist mit dem FG nicht zu vergleichen, gleichzeitig sind die Klassen vel größer, immer so um die 25+ SchülerInnen. Ich mach es jetzt mal ganz kurz und schmerzlos - ohne Frontalunterricht geht es in solchen Fällen nicht . Man kann ihn reduzieren, man kann versuchen, ihn nicht zu deutlich zu praktizieren, aber das war's auch schon.

Ich stelle das jetzt hier einfach mal zur Diskussion, im Bedarfsfall erläutere ich es auch gerne näher, aber ich denke, jeder, der Unterrichtserfahrung hat, weiss was ich meine. Mal sehen, was hier so passiert ... *neugierig*

Donnerstag, 12. Januar 2006

De bello paedagogico (11-01-06)

Wussten Sie eigentlich, dass lehrerorientierter Unterricht Lernen fast unmöglich macht? Oder dass, anders ausgedrückt, in lehrerorientiertem Unterricht günstigstenfalls eine Einprägung von Sachverhalten unter Druck erfolgt, dies aber kein eigentliches Lernen ist?
Abgesehen davon, dass die aktuellen Erkenntnisse der Lernpsychologie und der Hirnforschung den o. a. Sachverhalt bestätigen, lässt er sich auch ohne Kenntnis davon schon aus dem für diese Unterrichtsform meistens verwendeten Begriff des Frontalunterrichts selbst ableiten.

Frontalunterricht als an den militärischen Sprachgebrauch angelehnte Bezeichnung weist bereits auf die grundlegende Untauglichkeit dieser Unterrichtsform hin. Der Ausdruck Front enthält ja offensichtlich nicht nur die Konnotation von potentiellem oder aktuellem Angriff bzw. von dementsprechender Verteidigungsnotwendigkeit, sondern auch die von Sieg und Niederlage, wobei selbst eine erfolgreiche Abwehr ihrerseits nicht im eigentlichen Sinn des Wortes als Sieg empfunden wird. Auf den Frontalunterricht übertragen ist hier der Lehrende der Angreifer, also derjenige einen Sieg erringen möchte, wie aber soll erfolgreiches Lernen in einer Situation funktionieren, in der die Lernenden von vorneherein deutlich empfinden müssen, ohne jede Chance auf eigenen Sieg zur Niederlage verurteilt zu sein?

Wie bereits an anderer Stelle ausgeführt sind die Elemente des Lernens immer dieselben, nämlich

• Wahrnehmen
• Betrachten
• Beobachten
• Begreifen
• Tun

und im Frontalunterricht wird dieser Ablauf des Lernens mehr oder weniger brutal unterbunden, da es für die Lernenden weder entsprechende Anreize noch die Möglichkeit eigenen Erlebens bzw. Erfahrens gibt. Stattdessen findet günstigstenfalls das bereits erwähnte und von Druck gekennzeichnete Einprägen von Sachverhalten statt, hierin liegt auch der Grund, warum Lernende Unterricht vielfach als äußerst anstrengend und erschöpfend empfinden.

Frontalunterricht ist also eine generell ungeeignete Unterrichtsform, aber über diese leider vielfach missachtete Erkenntnis hinaus sind weitere Aspekte bedeutsam für eine erfolgreiche Lehrtätigkeit. Einer davon klingt vielleicht banal, betrachtet man jedoch die schulische Praxis, ist er es aber anscheinend nicht – gemeint ist, dass der Lehrende sich seiner Sache sicher sein muss, sprich, dass er wirklich „fit“ in seinem Gebiet ist.

Ein wesentlicher Teil direkter zwischenmenschlicher Kommunikation findet nonverbal, d. h. körpersprachlich statt, man geschätzt, dass dieser Anteil bei 2/3 liegt. Kaum ein Mensch ist in der Lage, die eigenen körpersprachlichen Äußerungen zu kontrollieren, hier „sagt“ also jeder in aller Regel immer die Wahrheit. Dies gilt selbstverständlich auch im Unterricht, wo sich auf den Unterrichtsgegenstand bezogene Unsicherheiten des Lehrenden für alle Lernenden unübersehbar in seiner Körpersprache ausdrücken. Damit hat sich der Lehrende aber in den Augen der Schüler als „Profi“ disqualifiziert, da das Gehirn jedoch alle eingehenden Informationen vor der Verarbeitung zunächst einmal auf Vertrauenswürdigkeit prüft, werden die seinen nicht mehr akzeptiert.

Auf die Praxis z. B. des Mathematikunterrichts übertragen heißt dies konkret, dass auch in Grundschule oder Sekundarstufe I nur der- oder diejenige unterrichten sollte, der fachlich ggf. auch in der Lage wäre, höhere Mathematik in der Sekundarstufe II zu unterrichten.

Nichts desto weniger hat Frontalunterricht einen unschätzbaren Vorteil – er ist wunderbar geeignet, als gutes schlechtes Beispiel zu dienen! Frei nach Thomas von Acquin muss man das Falsche erst einmal verstehen, um das Richtige zu begreifen, und hierfür ist der Frontalunterricht ein idealer Betrachtungsgegestand..

Donnerstag, 22. Dezember 2005

Meine besten Freundinen oder die drei Affen (21-12-05)

Einverstanden, ich gebe zu, dieser Titel klingt zunächst vielleicht etwas seltsam! Erstens haben Männer ja eher selten eine 'beste Freundin', noch seltener mehrere davon, und wenn doch, dann ist es meistens unklug von ihnen, darüber öffentlich zu reden; häuslicher Stress ist nämlich das letzte, was wir mögen. Zweitens verbietet sich jeder Vergleich zwischen Freundinnen und Affen von selbst, man weiss ja schliesslich, was sich (nicht) gehört! ;-)

Es geht diesmal also um meine besten Freundinnen, über die ich gefahrlos und öffentlich reden kann und die in einer bestimmten Beziehung zu drei Affen stehen.

Alles klar jetzt? ... ach, immer noch nicht verstanden? ... ich habe ich mich doch aber wohl klar genug ausgedrückt - also gut, ich erkläre es noch ein letztes Mal! *kopfschüttelundgenervtguck*
_____________________

Wenn wir ganz ehrlich sind, so oder so ähnlich oder so ähnlich läuft Unterricht ja manchmal ab! Einer redet unverständliches Zeug, und wenn die Lernenden dann bei der Erfolgskontrolle versagen, reagiert er auch noch beleidigt. Genau diese Erscheinung liegt aber der verbreiteten Erwartungshaltung der meisten Schülergehirne zugrunde und damit kommen wir jetzt zu den drei Affen, die wohl jeder kennt.

Diese drei populären Tierchen symbolisieren durch ihre Körperhaltung die (Un-)Tätigkeiten des

- nichts sehen
- nichts hören
- nichts sagen

und genau das erwartet leider ein Schülergehirn vom Unterrricht. Es geht nämlich selbstverständlich vor Beginn der Stunde davon aus, dass es auch diesmal mal wieder nichts zu sehen, hören oder sagen geben wird, und wenn man man bedenkt, dass der durchschnittliche Redebeitrag pro Schüler und Schulstunde bei ca. 8 Sekunden (!) liegt, ist dies auch noch bedauerlicherweise berechtigt.

Und wann kommt denn nun die beste Freundin, wer ist das überhaupt? So überraschend das klingen mag, aber die beste Freundin des oder der Lehrenden ist - die Stille! Gemeint ist die eigene Stille, oder, anders und deutlicher ausgedrückt, das mal-die-Klappe-halten! Hier können dann endlich auch mal die Lernenden zu ihrem Recht kommen.

Die Stille als beste Freundin des oder der Lehrenden hat auch noch eine ausgesprochen attraktive Schwester, nämlich die Hirnpause! Dabei handelt es sich, wenn man so will, um die 'kreative' Seite der Stille, in der der Gehirn zum Spielen angeregt wird. Einmal zum Spielen angeregt, nimmt das Gehirn dann aber bevorzugt über das Gehör auf! Lernt also jemand gerne bei laufender Musik, ist nicht falscher als das beliebte "Mensch, mach jetzt die Musik aus und konzentrier' dich endlich!"

Überhaupt sind unsere Unterrichtsgepflogenheiten teilweise merkwürdig! Schon mal darüber nachgedacht, welche Bedeutung alleine in dem Wort Frontal-Unterricht steckt? Fronten gibt es vorwiegend in Konflikten, Generäle lieben den Frontalangriff, und 'Front machen' heisst, eine drohende Haltung einnehmen. Und so ist Unterricht verbreitet aufgebaut!

Es ist folglich kein Wunder, dass eine Informationsgesellschaft wie die deutsche international immer weiter zurückfällt, man denke da nur an PISA usw. Für neue Informationen bedarf es neuer Ideen, aber die Möglichkeit, diese entwickeln zu können, verweigern wir den Schülern unserer Schulen mt den tradierten Unterrichtsformen. Wo, um im militärischen Jargon zu bleiben, alles auf ein Kommando hört, entwickeln sich in den Gehirnen keine eigenen Ansätze!

Überhaupt - das Gehirn mal wieder! Es ist so ganz anders als wir alle, es macht nämlich keine Fehler, niemals! Es lernt lediglich in der vorgegebenen Weise, und vor diesem Hintergrund gewinnen die Begriffe Legasthenie und Dyskalkulie eine neue Qualität - es gibt sie nämlich eigentlich nicht. Was es wohl aber gibt, sind Lernende mit einer sehr hohen Wahrnehmungsintelligenz, die alles erbarmungslos behalten, was ihnen zu Lernen angeboten wird. Ein Legastheniker hat beim Schreiben eines Wortes einfach nur mehr erlente Möglichkeiten dafür zu Verfügung und trifft daraus eine Auswahl - und diese ist nicht notwendigerweise diejenige, die der Duden vorgibt.

Würde in unseren Unterrichten mehr die schnelle und lernbegierige rechte Hemisphäre des Hirns adressiert, wären wir viel erfogreicher, stattdessen adressieren wir seit Jahrhunderten den unverdrossen den langsam arbeitenden ZDF(Zahlen-Daten-Fakten)-Speicher der linken Hemisphäre.

Es gibt verschiedene Techniken hierfür, darunter inzwischen auch rechnergestützte. Ein derartige SW findet sich ab Freitag mittag auf Prof. Schmid's HP unter http://www.wolfgang-schmid.de

Donnerstag, 15. Dezember 2005

AJANTA und andere Unterrichtsformen (14-12-05)

Ist es nicht manchmal zum Verzweifeln? Man gibt als Lehrer sein Bestes und was passiert? Man redet mit Engelszungen auf die Schüler ein, aber alles scheint bei ihnen zwar zum einen Ohr herein, aber zum anderen auch gleich wieder herauszugehen.

So verkehrt ist dieser Eindruck auch gar nicht! Der Fehler liegt dabei bedauerlicherweise in der Methode Lehrers, die nicht auf die während des Lernens im Gehirn ablaufenden Prozesse abgestimmt ist bzw. diesen sogar zuwiderläuft. Als Bezeichnung für derartigen Unterricht haben wir kurzerhand AJANTA - den Sweatshirt-Aufdruck eines Kommilitonen - zwangsrekrutiert. So unerheblich die tatsächliche Bedeutung dieses Wortes ist, so unerheblich sind die auf diese Weise vermittelten Unterrichtsinhalte - sie prägen sich sowieso nicht ein.

Aber es gibt ja glücklicherweise auch andere Unterrichtsformen! hierzu gehören der analytische, also eher auf Ergründen ausgelegte, sowie der experimentelle, also eher auf Begreifen ausgelegte Unterricht. Die von mir hier bewusst gewählte umgangssprachliche Diferenzierung deutet schon darauf hin, welche am ehesten erfolgversprechend ist. Auch hier geht natürlich es wieder um die vier 'b,' also die Ordnungsprozesse im Gehirn während des eigentlichen Lernvorgangs.

Mittwoch, 7. Dezember 2005

"Lass mich dass mal regeln!" (Mittwoch 07-12-05)

"Lass mich dass mal regeln!" - ein oft gehörter Satz, aber was heisst das überhaupt, "regeln"?

Jeder Techniker wird sich jetzt natürlich bereitwillig melden und eine Erklärung des Regelungsprozesses abliefern, in welcher es von Soll- und Ist-Wert oder Komparatoren, Deltas's und Stellgliedern nur so wimmelt - nur wer, ausser anderen Technikern natürlich, wird sie verstehen? Und die wissen das ja schon!

Dieser etwas techniklastige Ansatz ist also offensichtlich nicht sof0rt verwendbar, nehmen wir stattdessen also mal das Einüben eines Liedes. Dieses vollzieht sich üblicherweise nach dem Muster "Einer singt vor, andere singen nach!" und produziert in Abhängigkeit von den sängerischen Fähigkeiten bekanntlich durchaus wechselhafte Ergebnisse. Je äufiger dies wiederholt wird, desto ähnlicher werden sich jedoch die von Vor- und Nachsängern produzierten Varianten, es hat offensichtlich eine Angleichung stattgefunden. Vorausgesetzt, der Vorsänger hat tatsächlich immer das Gleiche gesungen, hat diese Änderung also auf Seiten des Nachsängers stattgefunden, er hat offensichltlich 'geregelt'. Was ist da pasiert?

Der Nachsänger hat in seiner Variante offensichtlich Übereinstimmungen mit und Abweichungen vom Original festgestellt, erstere beibehalten und letztere kontinuierlich minimiert, bis die größtmögliche Übereinstimmung erreicht war. Und genau das ist 'Regeln'!

So, und was haben wir jetzt davon? Eigentlich ist die Antwort auf diese Frage naheliegend, denn natürlich sind die im Gehirn während der inzwischen bekannten vier 'b' ablaufenden Ordnungsprozesse nichts anderes als Regelprozesse. dies führt aber unweigerlich zu dme Schluss, dass alles was diese Regelung stört, vermieden werdne muss. Unglücklicherweise gehört die als Störfaktor empfundene Sprache des Lehrers natürlich dazu, d. h, der erklärende Lehrer stört beim Lernen!

Zsammengefasst ist deswegen vom Lehrer zu berücksichtigen, dass in seinen Redephasen - und seien sie noch so gut vorbereitet - nicht gelernt wird. Er muss daher unbedingt ausreichend Räume für die Ordnungsprozesse lassen und sich - frei nach Sokrates - darum bemühen, nicht gegen, sondern mit der Natur zu lehren.

Mittwoch, 30. November 2005

Die vier 'b' (30-11-05)

Oh, je, die Sache mit dem Lehren und Lernen gewinnt an Komplexität, je länger man sich damit beschäftigt! Ärgerlicherweise steigt damit zwangsläufig die Zahl der Fallen, in die man tappen kann. Und außerdem ist am Lernprozess auch noch das sog. Limbische System beteiligt, seines Zeichens im Gehirn zuständig für die Ausschüttung von Glückshormonen. Diese wiederum vermitteln Schülern das Glücksgefühl bei Erfolg, dass sie wichtig sind, liegt damit auf der Hand.

Entscheidend ist, dass man als Lehrer den Lernprozess der Lernenden nicht stört! Die Kunst liegt vielmehr darin, den Lernstoff in verarbeitbare Mengen und Materialien (!) aufzuteilen, der Verarbeitungs- = Lernprozess läuft dann automatisch und unfehlbar richtig. Versteht ein Lernender etwas nicht bzw. zeigt er oder sie in der Lernkontrolle unerwartete Ergebnisse, hat der Fehler in diesem Bereitstellungsprozess, mithin also lehrerseitig, gelegen!

Mathematik z. B. ist ein Fach, in dem der natürliche Lernprozess typischerweise bereits früh gestört wird. Eine primär ästhetisch angelegte Materie wird zwangsweise in ein logisch orientiertes Konstrukt gezwängt, als Folge wird die für Ästhetik zuständige und zunächst von der Materie angesprochene rechte Hirnhälfte zwangsweise abgeschaltet. Stattdessen wird die linke, zu diesem Zeitpunkt eigentlich total desinteressierte Hirnhälfte adressiert, als Folge stellen sich prompt Frust und Unverständnis ein.

Innerhalb eines Lernprozesses laufen im Optimalfall immer die vier gleichen Schritte ungestört ab, Aufgabe des Lehrenden ist, dies zu ermöglichen. Es handelt sich dabei um

 Betrachten
 Beobachten
 Begreifen
 Beschreiben

Wie läuft es aber in der Praxis häufig ab? Grob vereinfacht ist es doch so, dass, um im Mathematikunterricht das Quadrat einzuführen, dieses üblicherweise an die Tafel gezeichnet wird. Dann „Das ist neu, das ist ein Quadrat!“ gesagt und mit dem Lernen der zu erfüllenden Bedingungen für diese Fläche begonnen. Die Folge? Das Gehirn schaltet desinteressiert ab, keiner der o. a. Schritte konnte ablaufen.

Entwickelte man stattdessen das Quadrat allmählich aus beliebigen Formen, gäbe ihm damit praktisch Zeit, sich zu entwickeln und dabei den Lernenden Zeit, mit seinen Bestandteilen wie Linien und Winkeln zu experimentieren, so wäre der Lernerfolg nicht nur dauerhaft, sondern dabei auch noch fast mühelos!

Wenn ein Schüler also nach der Stunde auf die Bitte ein Quadrat zu zeichnen ein eiförmiges Etwas oder ein schiefwinkliges Rechteck zeichnet, müsste die Lehrerantwort etwas überspitzt ausgedrückt lauten „Sorry, hab’s dir falsch erklärt!“ Falsch lernen gibt es nämlich nicht – siehe oben!

Sonntag, 27. November 2005

11-23-05 Ordnung(en)

Tja, das ist schon so eine Sache für sich, wenn man zwei Hirnhälften hat. Konstruktionstechnisch mag es ja sinnvoll sein, ein derart komplexes Rechnersystem wie ein Gehirn sauber zu strukturieren und den einzelnen Komponenten genau definierte Aufgaben zuzuweisen. Leider wird aber der Gebrauch dadurch nicht unbedingt einfacher, auch wenn man davon selbst i. d. R. nichts mitbekommt. Schwierig wird's aber, wenn man das Gehirn anderer „benutzen“ will - und nichts anderes tut man als Lehrender.

Da die beiden Hirnhälften sich tatsächlich in so fern unterscheiden, als dass die linke eher für rationale Prozesse, die rechte daher eher für emotionale Prozesse zuständig ist, muss der Lehrende bei der Methodenwahl immer auch mit berücksichtigen, welche Hirnhälfte er damit adressiert. Ein ausgewogener Mix ist hier sicherlich sinnvoll. Das Ziel aller Lehrtätigkeit ist, Anleitungen zum Schaffen eigener Ordnungen zu geben.

Grundsätzlich ist das Gehirn eigentlich sogar immer bestrebt, Ordnung zu schaffen, dieses Bedürfnis ist dem Menschen angeboren, dabei ist das Schaffen von Ordnung die Manifestation dessen, was wir als Intelligenz bezeichnen. Mit Ordnung ist hier natürlich kein statischer Ergebniszustand gemeint, die eigentliche Intelligenzleistung besteht vielmehr in dem permanenten Prozess der Neu- bzw. Umordnung.

Dieser Prozess scheint allerdings vielfach von Konventionen beschränkt bzw. eingeengt zu sein, wobei diese Konventionen kulturell und sozial bedingt sind. Alle Formen von Musik unterliegen z. B. einer bestimmten Ordnung, welche damit aber gemeint ist, ist je nach Kulturkreis vollkommen verschieden. So beinhaltet das in der westlichen Welt vorherrschende temperierte Tonsystem verglichen mit denen der asiatischen Kulturkreise eine vollkommen andere, schwer vergleichbare Intervallstruktur. Dennoch werden beide im jeweiligen Kulturkreis als natürlich empfunden, umgekehrt klingt die Musik fremder Kulturkreise auch fremdartig in unseren Ohren. Gleiches gilt für gesellschaftliche Wertesysteme, diese Unterschiede sind wesentlicher Grund für den aktuell so gerne propagierten Zusammenprall der Zivilisationen.

Der Ordnungsprozess als solcher beinhaltet Unterprozesse des Zu-, d. h. Über- und Unterordnens und des Ein-, d. h. Vor- und Nachordnens, wie auch solche des An- und Beiordnens. Alle menschlichen Gesellschaftsformen und Wertesysteme und Philosophien sind letztlich hierarchisch strukturiert, Zweck der genannten Ordnungsprozesse ist das Schaffen einer individuellen Ordnung, die Sicherheit innerhalb der gültigen Hierarchien schafft.

Mittwoch, 16. November 2005

11-16-05 Was ist ein "Begriff"?

Na, das fing ja gut an - anstelle von dem Audimax angemessener hochwissenschaftlicher Stoffvermittlung ein für alle vergnügliches Herangehen an die Frage, was denn eigenltich ein "Begriff" sei. (Nein, wohlgemerkt nicht die Frage, was denn die Definiton von "Begriff" sei, denn beide Ausdrücke sind bedeutungsgleich, nur eben lateinischen bzw. deutschen Ursprungs.)

In Spielszenen versuchten Väter (Studenten) ihren in die vierte Klasse gehenden Söhnen (Prof. Schmid) eben diese Frage - natürlich erfolglos - zu beantworten. Auf diese Weise wurden die Bedeutung von Begriffen und die im Umgang mit Ihnen erforderliche Sorgfalt deutlich gemacht.

Im Ergebnis wurde folgendes festgehalten:

1.) Fehlt die Klarheit über einen Begriff, ist seine sinnvolle Verwendung unmöglich.

2.) Ein Begriff ist eine Bild für eine Handlungsanweisung, also ein Theorie. (Ein aus meiner Sicht etwas gewagte, weil nicht umfassende Formulierung. Vollgültigkeit gewinnt dies m. E. nur dann, wenn man die bei Nennung eines Begriffs im Gehirn des Empfängers stattfindende Assoziation als Handlung bezeichnet.)

3.) Unterricht kann bezeichnet werden als Übertragung von Information. Der Unterrichtende "formatiert" Teilbereiche des Gehirns der Lernenden, in dem er neuronale Strukturen etabliert. Wenn dies nicht gekonnt erfolgt, können Irrationen ausgelöst werden, die gleichbedeutend sind mit der Zerstörung neronaler Teilbereiche des Gehirns.

So löst z. B. nach dem einem aus Sicht des Lehrenden nicht geglückten Zeichenversuch eines Kindes der gutgemeinte Ansatz "Komm, ich zeig' dir mal wie das geht!" in dem Kind die Reaktion aus "Aha, ich kann mich auf meine Sinne nicht verlassen und benötige zum Zeichnen Hilfe bzw. Vorlagen!" Von da an wird es der Ansicht sein, nicht zeichen zu können.

Als Musiker kann ich dies nur bestätigen, treffe ich doch immer wieder auf Menschen, die für sich selbst Unmusikalität reklamieren. Fragt man nach, ist dies i. d. R. auf frühe schulische Prägungen zurück zu führen. Interessant ist, dass es jedoch nie zu spät ist, hier noch nachträglich korrigierend einzugreifen und dem vermeintlich Unmusikalischen durchaus noch eigene musikalische Erfolgserlebnisse, z. B. als Chorsänger, zu verschaffen.

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